Als ich aus dem Auto steige, ist das Erste, was mich angrinst, ein T-Shirt, auf dem steht: „I’m not deaf ... I’m just ignoring you.” Danke für die nette Begrüßung.
Am Eingang versucht der Ordner, mein T-Shirt zu lesen: „Els“. Ich ziehe am Stoff und damit den Namen lang: „Eels! I’m only here to see the Eels!“. Irgendwo von rechts hinten kommt auf Flämisch: „Das ist die beste Band, die heute hier spielt!“
Ich kenne zwar keine der Bands, die auf meinem Zettel stehen, aber es zahlt sich aus, dass ich die Main Stage so weit es geht vermeide (Sum 41, pfui Teufel). Ich renne also von A nach B nach C nach D und wieder zurück und amüsiere mich köstlich.
Außerdem stürze ich mich auf den Devotionalienstand. Erst auf den einen: Da gibt es nur Shootenanny! zu kaufen. Kein OWABM, kein ESBS. Dann auf den anderen: Eels-Fans sind offenbar merchandisesüchtig. Je nachdem, für welches T-Shirt man sich interessiert, ist die betreffende Größe ausverkauft. Gut, wenn man S tragen kann, dann hat man noch die freie Auswahl. Auf dem grauen T-Shirt mit den Tour Dates steht das Kölner Date gar nicht drauf. Jetzt weiß ich, warum ich mir das nicht vorher gekauft habe. Und das schwarze T-Shirt habe ich mir damals gekauft, weil auf dem roten hinten nichts draufsteht. So renne ich also weiter mit „Shootenanny!“ auf dem Rücken rum und irritiere damit meine Mitmenschen mindestens ebenso wie die Heideroosjes-Fans mit ihrem „I’m not deaf ...“.
Die Bands, die ich gesehen habe, haben alle eine sehr gute Bühnenpräsenz, wenn auch jede auf ihre Weise. Am besten haben allerdings die Kubaner von El Tattoo Del Tigre ihre Fans im Griff. Hier wird nicht gejohlt! „Na, na, na: You don’t say ‘Ya’. You say ‘Si, senor’. So, do you want to hear another song?” Publikum: “Si, senor!”. Und wer je behauptet hat, dass schwangere Frauen keine Miniröcke tragen können, hat die feurigen Südamerikaner noch nicht gesehen! Den Vogel, was „Mini“ angeht, schießt allerdings PJ Harvey ab (war ja nicht anders zu erwarten). Das Kleid ist so kurz wie mein T-Shirt und jedes Mal, wenn die Kamera auf die Gitarre zoomt, zoomt sie der Dame unter den Rock. Vollkommen unbeabsichtigt. Bei der Länge geht das gar nicht anders. Allerdings zoomt sie häufig auf die Gitarre ... Nach einem Cut auf die Füße weiß ich auch, warum die gute PJ recht statisch herumsteht. Auf 15 cm langen Stilettos würde ich mich auch so wenig wie möglich bewegen.
Allerdings verlasse ich die Main Stage noch vor dem letzten Song, um den Limp-Bizkit-Fans aus dem Weg zu gehen – vor allem aber, um mich zum Marquee aufzumachen. Das Zelt ist bereits gerappelt voll. Eels-Fans sind pünktlich. Ich komme nicht mehr ran an die Bühne. Also habe ich leider keine Fotos. Jeder, der den Livestream gesehen hat, weiß, was ich meine, wenn ich sage: E war gut drauf! Macht euch keine Sorgen um Es Stimme. Die klingt besser als im Juni! Das Publikum geht von den ersten Takten an mit. Kompliment an die Belgier! Und noch eine Überraschung: E trägt andere Klamotten! Auf allen Fotos von der Tour, die ich bisher gesehen habe, trug er immer dasselbe! Heute hat er sich für Tarngrün entschieden. Wer weiß, worauf das eine Anspielung ist. „Die Jungs“ tragen das übliche Hootenanny-Singers-Outfit.
Unsere erste „Rede“ bekommen wir schon ziemlich am Anfang. Ich glaube, es war bei 3 Speed. Golden Boy spielt ein paar Takte auf der Klampfe, weil E ihn auffordert, „his girl“ ein bisschen zu kitzeln. Überhaupt ist die ganze Sache eine einzige sexuelle Anspielung.
Ich weiß nicht mehr, bei welchem Lied es war, aber ich glaube, es war bei „My Beloved Monster“, da hab ich gedacht: „Mein Gott, die brechen ihren eigenen Geschwindigkeitsrekord.“ Love of the Loveless und Agony sind dagegen viel langsamer als im Juni und gefallen mir so nicht so gut.
Der übliche „Tut euch was Gutes“-Talk bezieht sich heute nicht auf Banana Splits oder Chocolate Sundays, sondern auf die Extraportion Fritten. Vor dem „I don’t feel sad tonight“ fügt E auch noch einen Satz in Schnellsprechmanier ein, den ich nicht verstanden habe, und den er so bisher auch nicht gebracht hat. Möchte wissen, was er da gesagt hat.
Nach dem Cover von La Grange bekommen wir noch die berühmte Breakdance-Performance von Puddin’, für die ich die Amerikaner bisher immer beneidet habe. Wow, der Mann ist gelenkig. Das am Ende war ein fast perfekter Spagat. Sehr cool. Und Kool G thront hinter dem Schlagzeug, als gehöre er nirgendwo anders hin ... Aber da das hier ein Festival ist, kommen die Eels natürlich nicht noch mal auf die Bühne, nachdem das Licht an ist. Nun ja, macht nix. War zwar nur ne Stunde, dafür aber eine sehr energiegeladene Stunde!
Hach, was für ein schöner Tag! Sogar das Wetter hat mitgespielt, und ich bin nicht von oben bis unten mit Schlamm besudelt. Um es mit den Worten des Apparat Organ Quartet zu sagen: Rock ’n’ Roll in stereo!
Die Setlist ist hier:
http://www.souljacker.co.uk/setlists/pukkelpop.txt