Kennt jemand „Just a Perfect Day“ von Lou Reed? So ungefähr war mein Sonntag ... Ruhe und Frieden pur, ohne große Aufregungen.
Ich mag den Niederrhein. Mehr Kühe als Häuser, und jeder Bauernhof sieht aus wie ein kleines Schloss. Weit und breit keine Ortschaften in Sicht. Nur auf den Autobahnschildern. Und da steht dann so was wie „Dong“ oder „Leucht“ oder auch „Alpen“. Die perfekte Einstimmung auf einen Eels-Tag.
Nijmegen ist die älteste Stadt der Niederlande und wirklich eine sehr nette kleine Stadt mit den typisch holländischen Häusern (mit Treppengiebeln). Die Stadsschouwburg ist von außen allerdings recht hässlich und modern, innen jedoch ein sehr nettes Theater mit roten Plüschsitzreihen im Halbkreis, die so steil ansteigen, dass man bequem über seinen Vordermann drübergucken kann, aber nicht so steil, dass man Schwindelgefühle bekommen könnte. Rundherum sind zwei Etagen/Galerien mit Logenplätzen. Die Bühne ist recht groß (die Eels haben nur ca. 2 Drittel davon genutzt) und aus schwarzem Holz, der Hintergrund war mit schwarzen Tüchern abgehängt.
Das Publikum war mal wieder recht gemischt, allerdings im Durchschnitt älter als in Brüssel oder Köln. Kaum Teenager, meist Leute Mitte 20 und ein großer, großer Anteil von Leuten über 40.
Als E auf die Bühne kam, trug er einen schwarzen Hut und einen schwarzen Anzug. Diesmal konnte ich die Zigarre sogar riechen ... Den Stock hatte er natürlich auch dabei. Ich finde dieses Outfit steht ihm hundertmal besser als dieser schlecht sitzende graue Anzug vom Mai. Big Al hat die Irokesen-Frisur, die man schon auf den Fotos der Gigs im August bewundern konnte (und im „Trouble With Dreams“-Video) immer noch, allerdings hat er sich die Haare dunkel gefärbt. Und er trug Sonnenbrille. Wie gesagt: Die dominierende Farbe im Raum war schwarz ... Die Damen hatten im Gegensatz dazu diesmal keine schwarzen Kleider, sondern blumige Sommerkleider an. Und Chet ... Naja, Chet halt. Anzug, Krawatte, blaues Hemd.
Die ersten zwei Songs waren nicht sooooo überzeugend, was vor allem daran lag, dass E sie ein wenig „runterleierte“ (schade, gerade bei Packing Blankets ...). Dann stellte er die String Section wie in Köln mit „Have you met the girls from the string section?“ vor, diesmal allerdings ohne den Witz, dass Big Al nun streng genommen keine Dame sei. Dafür grinste Al breit ins Publikum. Die Gefahr, dass ihn irgendwer für eine Dame halten könnte, besteht nun auch nicht wirklich ...
Der Sound war sehr klar, allerdings ein bisschen laut.
Das neue Set hat deutlich mehr Rhythmus-Anteile als das alte. Chet kommt von seiner Tonne und seinem Koffer fast nicht mehr weg. Der Mann ist echt phänomenal. Links eine Rassel, rechts klopft er auf den Koffer, und dann dreht er noch den Kopf um 90 Grad und singt Background-Vocals... Tsss. Einfach unglaublich. Wenn er dann auch noch Big Al (ich glaub, es war bei I Need Some Sleep) am Bass ablöst, dann kann einem wirklich nur noch der Mund offen stehen bleiben. Insgesamt finde ich, klingt das ganze Konzert wie eine große, homogene Einheit. Es ist fast schade, einzelne Songs einzeln zu erwähnen. Irgendwie passt alles sehr gut zusammen. Trotzdem ein paar Anmerkungen: Jeannie’s Diary klingt wirklich sehr schön live, den Refrain singen E und Chet im Duett. Dem Publikum hat, glaube ich, Bus-Stop Boxer am besten gefallen. Die Säge ist ja auch nicht zu schlagen ... Mir haben Dead of Winter und Climbing to the Moon am besten gefallen.
Railroad Man singt E wieder solo. Er hat noch einen kleinen Spaß gemacht, dass er der Band 2 Minuten und 11 Sekunden frei geben würde. Sie sollten nicht zu weit weg gehen. Ach, er sei so gut drauf, er gebe ihnen glatt 3 Sekunden mehr, das seien dann äähhhhhh ... 2 Minuten 14? Artig bedankte er sich bei einem Zuschauer fürs Vorsagen der korrekten Zeit ... ;0)
Zu Novocaine for the Soul sag ich allerdings besser erst was, wenn die Londoner es auch gehört haben ...
Warum sie „Taking a Bath in Rust“ ins Set aufgenommen haben, ist mir allerdings schleierhaft. Es ist natürlich schön, wenn man mal was Ungewöhnliches zu hören bekommt, aber vom Text her passt es irgendwie nicht so zu den anderen Liedern, die sie für die Tour ausgesucht haben. Die Grundstimmung ist doch deutlich deprimierter, die anderen Lieder sind doch alle eher optimistisch angehaucht. Nun ja, ihr wisst, was ich mit „optimistisch“ meine. Ich fand „Taking a Bath in Rust“ wirkte ein wenig wie ein Fremdkörper in diesem doch recht „ansprechenden“ Abend.
Je öfter ich Pretty Ballerina höre, desto besser gefällt es mir. Das Lied passt wirklich wie Pott auf Deckel zu den Eels-Songs, man könnte es glatt für eine Originalkomposition halten.
Ich finde, die Eels sollten „I Put a Spell on You“ in ihr Repertoire aufnehmen, denn das ist es in etwa, was sie mit diesem Konzert schaffen. Bei den anderen Konzerten werden sicher wieder ein paar andere Songs gespielt, wie im Mai ja auch, aber ich war mit der Auswahl vom Sonntag vollauf zufrieden.
Als Einleitung gab’s übrigens ein neues Abenteuer von Cheburashka. Bitte vergebt mir, wenn ich es hier nicht in allen Einzelheiten wiedergebe. Passend zum Thema Railroad Man spielte es allerdings teilweise im/auf einem Zug/auf den Gleisen.
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