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 25 Lyrik für Alle (Gelesen: 274 mal)
Marlene
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Re: Lyrik für Alle
Antwort #15 - 07.04.2009 um 09:21:49
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Der Abgerissen Strick

Der abgerissene Strick
kann wieder geknotet werden
er hält wieder, aber
er ist zerrissen.

Vielleicht begegnen
wir uns wieder,
aber da,
wo du mich verlassen hast
triffst du mich
nicht wieder


Bert Brecht
  

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Marlene
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Re: Lyrik für Alle
Antwort #16 - 07.04.2009 um 09:25:02
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Erich Fried darf da natürlich auch nicht fehlen... - meiner Meinung nach eins seiner schönsten Gedichte:

Was weh tut

Wenn ich dich
verliere
was
tut mir dann weh?

Nicht der Kopf
nicht der Körper
nicht die Arme
und nicht die Beine

Sie sind müde
aber sie tun nicht weh
oder nicht ärger
als das eine Bein immer weh tut

Das Atmen tut nicht weh
es ist etwas beengt
aber weniger
als von einer Erkältung

Der Rücken tut nicht weh
auch nicht der Magen
die Nieren tun nicht weh
und auch nicht das Herz

Warum
ertrage ich es
dann nicht
dich zu verlieren?
  

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Avalon
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Re: Lyrik für Alle
Antwort #17 - 07.04.2009 um 10:32:39
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Ausbruch in Tränen

Bist du's die in Tränen
ausbricht
Woher brichst Du aus
Zeig mir das Gefängnis, daß
ich's niederreiße
verströme
dich nicht
brich in Tränen aus
zu mir

Christoph Kuhn
  
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PJ
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Re: Lyrik für Alle
Antwort #18 - 07.04.2009 um 22:53:43
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Marlene schrieb on 07.04.2009 um 09:20:14:
Der Schmerz ist ein heiliger Engel; durch ihn allein sind mehr Menschen größer geworden als durch alle Freuden der Welt.
Adalbert Stifter


wie wahr, wie wahr...  unentschlossen
  

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PJ
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PJ fans are better than
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Re: Lyrik für Alle
Antwort #19 - 04.05.2009 um 01:04:58
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Sit on a train, reading a book
Same damn planet every time I look
I try to relax, slow my heart beat
Only works when I'm dead asleep
Been thinkin' and drinkin' all over the town
Must be gearing up for some kind of meltdown

All I am is a body floating downwind...

What's wrong?
"Nothin..."
Are you sure nothin's wrong?
"Yeah..."
But you're sad about something?
"Yeah..."
So tell me what...
"I don't know...I can't tell you..."

All I am is a body floating downwind...

Sit on a train, reading a book
Same damn planet every time I look
I try to relax, slow my heart beat
Only works when I'm dead asleep
Been thinkin and drinkin all over the town
Must be gearing up for some kind of meltdown

As the express train passes the local
It moves by just like a paper boat
Although it weighs a million pounds
I swear it almost seems to float
And as we pass by each other
Our heads all filled with bother
We can't look, we can't stop
We can't think, we can't stop
Cause we're stuck in our own paths
And that's the way it always lasts
But I need something more from you.

All I am is a body floating downwind...

  

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Greg
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Re: Lyrik für Alle
Antwort #20 - 04.05.2009 um 17:10:39
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"Wind"



- Eugen Gomringer, 1953
  

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Avalon
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Re: Lyrik für Alle
Antwort #21 - 19.08.2009 um 13:04:29
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einem raubvogel

tief in mein innres reichen
seine krallen;
er stiehlt schon,was mir noch
nicht eingefallen.

            karl kraus
  
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Greg
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Re: Lyrik für Alle
Antwort #22 - 21.09.2010 um 23:40:59
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Mal an der Zeit, diesen Thread wiederzubeleben!

Also:


Dreh dich hin, dreh dich her – kleine Wetterfahne –!

    Der Zeitungsverleger Mülvoß, als welcher ein krummer Jid,

    sprach: »Wissen Se – ich bin nämlich Antisemit!

    Sie haben eben keinen Sinn für Wehrhaftigkeit!

    Ich und mein Blatt, wir gehen mit unsrer Zeit!

       Mit der Zeit muß man mitgehn!«

    

    Und es erhob sich ein Wispern im Blätterwalde.

    Und jeder Mitarbeiter fühlte: Warte nur, balde ...!

    Und die Redakteure bildeten sich im Kunstfliegen aus,

    und je jüdischer einer hieß, desto raußerer flog er raus.

       Mit der Zeit muß man mitgehn.

    

    Und siehe, es entdeckten manche Spitzen der Verlegerei,

    dass es mit dem Militarismus gar nicht so böse sei.

    Denn wer nicht reiten kann, der ist entweder Pazifist,

    oder er bewundert alles, was ein Kommißknopp ist.

       Mit der Zeit muß man stramm stehn.

    

    Aber denkt denn der Druckereibesitzer von solchem Blatt,

    dass der Adolf Hitler so ein kurzes Gedächtnis hat?

       Und nimmt nichts mehr krumm?

       Dumm ist er ja. Aber so dumm ...!

    Und das ist das Beschämende an diesem Gesindel,

    das den Faschismus stützt:

    dass ihm der Umfall auch nicht das geringste nützt.

       Mit der Zeit werden sie eingehn.





    Theobald Tiger

    Die Weltbühne, 16.02.1932, Nr. 7, S. 239

Zitiert aus: http://www.textlog.de/tucholsky-wetterfahne.html
  

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Re: Lyrik für Alle
Antwort #23 - 21.09.2010 um 23:46:40
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Doña Clara

       In dem abendlichen Garten

       Wandelt des Alkaden Tochter;

       Pauken- und Drommetenjubel

       Klingt herunter von dem Schlosse.

        

       Lästig werden mir die Tänze

       Und die süßen Schmeichelworte,

       Und die Ritter, die so zierlich

       Mich vergleichen mit der Sonne.

        

       Überlästig wird mir alles,

       Seit ich sah, beim Strahl des Mondes

       Jenen Ritter, dessen Laute

       Nächtens mich ans Fenster lockte.

        

       Wie er stand so schlank und mutig,

       Und die Augen leuchtend schossen

       Aus dem edelblassen Antlitz,

       Glich er wahrlich Sankt Georgen.'

        

       Also dachte Doña Clara,

       Und sie schaute auf den Boden;

       Wie sie aufblickt, steht der schöne,

       Unbekannte Ritter vor ihr.

        

       Händedrückend, liebeflüsternd

       Wandeln sie umher im Mondschein.

       Und der Zephir schmeichelt freundlich,

       Märchenartig grüßen Rosen.

        

       Märchenartig grüßen Rosen,

       Und sie glühn wie Liebesboten. -

       "Aber sage mir, Geliebte,

       Warum du so plötzlich rot wirst?"

        

       "Mücken stachen mich, Geliebter,

       Und die Mücken sind, im Sommer,

       Mir so tief verhaßt, als wären's

       Langenas'ge Judenrotten."

        

       "Laß die Mücken und die Juden",

       Spricht der Ritter, freundlich kosend.

       Von den Mandelbäumen fallen

       Tausend weiße Blütenflocken.

        

       Tausend weiße Blütenflocken

       Haben ihren Duft ergossen. -

       "Aber sage mir, Geliebte,

       Ist dein Herz mir ganz gewogen?"

        

       "Ja, ich liebe dich, Geliebter,

       Bei dem Heiland sei's geschworen,

       Den die gottverfluchten Juden

       Boshaft tückisch einst ermordet."

        

       "Laß den Heiland und die Juden",

       Spricht der Ritter, freundlich kosend.

       In der Ferne schwanken traumhaft

       Weiße Lilien, lichtumflossen.

        

       Weiße Lilien, lichtumflossen,

       Blicken nach den Sternen droben. -

       "Aber sage mir, Geliebte,

       Hast du auch nicht falsch geschworen?"

        

       "Falsch ist nicht in mir, Geliebter,

       Wie in meiner Brust kein Tropfen

       Blut ist von dem Blut der Mohren

       Und des schmutz'gen Judenvolkes."

        

       "Laß die Mohren und die Juden",

       Spricht der Ritter, freundlich kosend;

       Und nach einer Myrtenlaube

       Führt er die Alkadentochter.

        

       Mit den weichen Liebesnetzen

       Hat er heimlich sie umflochten;

       Kurze Worte, lange Küsse,

       Und die Herzen überflossen.

        

       Wie ein schmelzend süßes Brautlied

       Singt die Nachtigall, die holde;

       Wie zum Fackeltanze hüpfen

       Feuerwürmchen auf dem Boden.

        

       In der Laube wird es stiller,

       Und man hört nur, wie verstohlen,

       Das Geflüster kluger Myrten

       Und der Blumen Atemholen.

        

       Aber Pauken und Drommeten

       Schallen plötzlich aus dem Schlosse,

       Und erwachend hat sich Clara

       Aus des Ritters Arm gezogen.

        

       "Horch! da ruft es mich, Geliebter;

       Doch, bevor wir scheiden, sollst du

       Nennen deinen lieben Namen,

       Den du mir so lang verborgen."

        

       Und der Ritter, heiter lächelnd,

       Küßt die Finger seiner Doña,

       Küßt die Lippen und die Stirne,

       Und er spricht zuletzt die Worte:

        

       "Ich, Señora, Eu'r Geliebter,

       Bin der Sohn des vielbelobten,

       Großen, schriftgelehrten Rabbi

       Israel von Saragossa."

Zitiert aus: http://www.textlog.de/23290.html
  

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Re: Lyrik für Alle
Antwort #24 - 21.09.2010 um 23:48:19
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Das Nachtlager

Ich höre, daß in New York
An der Ecke der 26. Straße und des Broadway
Während der Wintermonate jeden Abend ein Mann steht
Und den Obdachlosen, die sich ansammeln
Durch Bitten an Vorübergehende ein Nachtlager verschafft.

Die Welt wird dadurch nicht anders
Die Beziehungen zwischen den Menschen bessern sich nicht
Das Zeitalter der Ausbeutung wird dadurch nicht verkürzt
Aber einige Männer haben ein Nachtlager
Der Wind wird von ihnen eine Nacht lang abgehalten
Der ihnen zugedachte Schnee fällt auf die Straße.

Leg das Buch nicht nieder, der du das liesest, Mensch.

Einige Menschen haben ein Nachtlager
Der Wind wird von ihnen eine Nacht lang abgehalten
Der ihnen zugedachte Schnee fällt auf die Straße
Aber die Welt wird dadurch nicht anders
Die Beziehungen zwischen den Menschen bessern sich dadurch nicht
Das Zeitalter der Ausbeutung wird dadurch nicht verkürzt.

Zitiert aus: http://deu.anarchopedia.org/Bertolt_Brecht/Das_Nachtlager

Sehr schön dazu ein kurzer Text meines Vertrauensdozenten bei der Rosa Luxemburg Stiftung: http://www.sopos.org/aufsaetze/4563a1cf8ed5c/1.phtml
  

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Re: Lyrik für Alle
Antwort #25 - 22.09.2010 um 16:15:25
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ohja, die gedichte von heine und brecht sind toll. sehr typisch jeweils und eben einfach gut.
danke für das gedicht von tucho, das kannte ich noch nicht!
  

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Re: Lyrik für Alle
Antwort #26 - 23.09.2010 um 19:56:43
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Hab auch was Smiley

lichtung

    manche meinen
    lechts und rinks
    kann man nicht velwechsern
    werch ein illtum

(Ernst Jandl)
  
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Re: Lyrik für Alle
Antwort #27 - 24.09.2010 um 10:09:48
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ja, das ist toll. in verwechslungssituation ist mein standardspruch immer 'werch ein illtum', hihi.
  

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Re: Lyrik für Alle
Antwort #28 - 24.09.2010 um 10:29:49
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selene schrieb on 24.09.2010 um 10:09:48:
in verwechslungssituation ist mein standardspruch immer 'werch ein illtum'

jawohl.gif Meiner auch! Putzig.

Ein anderer Spruch, den ich auch sehr treffend finde: "Reden ist Schweigen, Silber ist Gold" (Titel eines Buches: # ISBN-10: 3423201185 / # ISBN-13: 978-3423201186)
« Zuletzt geändert: 24.09.2010 um 18:46:51 von kaosmaki »  
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Re: Lyrik für Alle
Antwort #29 - 25.09.2010 um 11:47:07
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Verkappter Unmensch



Ein Mensch hat oft was wollen wollen,
Was nie er hätte sollen sollen.
Mitmenschen etwa glatt ermorden,
Nur, weil sie ihm zu fad geworden.
Doch hielt- zu unser aller Glück!-
Ihn Feigheit von der Tat zurück,
ja, er vermieds, auch nur zu sprechen
Von dem geträumten Schwerverbrechen.
Die Welt erfuhr es darum nicht,
Daß er im Grund ein Bösewicht.
Und lebenslang hat, unbescholten,
Er ihr als guter Mensch gegolten.
Derart verkappte Teufel laufen
Herum als Engel, ganze Haufen.
Wär ihre Bosheit nicht vergebens-
Kein Mensch wär sicher seines Lebens!

Eugen Roth


meine tiefenpsychologische erklärung von morden, amokläufen usw....
Schockiert/Erstaunt
  
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