Seitenindex umschalten Seiten: 1 2 [3] 4 5  Thema versenden Thema versenden Drucken Drucken
 25 rezensionen/reviews (Gelesen: 658 mal)
PJ
Eelsfan Administrator
*****
Offline


PJ fans are better than
french fries

Beiträge: 6449
Standort: München
Mitglied seit: 03.12.2001
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #30 - 25.04.2005 um 11:07:55
Beitrag drucken Beitrag drucken  
recht gute rezension auf plattentests.de: 8/10

About E

Mark Oliver Everett ist der letzte seiner Familie. Mutter, Vater, Geschwister - der Mann, den sie E nennen, hat alle überlebt. Längst hätte er sich von der nächsten Brücke gestürzt, wenn er nicht die Musik hätte, sagt E selbst. Den gleichen Ausweg aus der Quizshow namens Leben genommen, den seine Schwester schon vor Jahren gewählt hat. Und die Sache ist: Er meint das auch so. Nicht mit dem garstigen Zynismus, an den wir uns so gerne gewöhnt haben in den letzten zehn Jahren. Und den zum Beispiel auch die Publisher der Kurt-Cobain-Memoiren zu spüren bekommen haben, als sie E um einen druckreifen Kommentar für ihr Buch baten. Die Rolle, die der Tod in seinem Leben gespielt hat, ist dafür schon immer viel zu bedeutend gewesen.

"Please don't do this to me after I kill myself" hatte E dem Verlag damals vordiktiert. Und wer nun möchte, kann seine sechste Eels-Platte "Blinking lights and other revelations" auch tatsächlich wie einen Abschiedsbrief lesen. Ein Doppelalbum ist sie geworden, als müßte nochmal gesondert unterstrichen werden: "Hier ist mein definitives Statement!!!" Auf dem Cover ist Es Mutter als junges Mädchen zu sehen, im Booklet sind überall Kindheitsfotos und Bilder verstorbener Angehöriger. E hat jahrelang an dieser Platte geschrieben, sein letztes Album "Shootenanny!" quasi kurzfristig dazwischen geschoben, um sich von den "Blinking lights and other revelations"-Aufnahmen zu erholen. Und am Ende der 33 Stücke steht mit "Things the grandchildren should know" tatsächlich so etwas wie ein letzter großer Abgesang. Auf das eigene Dasein.

In Wahrheit ist es aber so: E nennt das Album "A love letter to life in all its beautiful, horrible glory." Und wer sich reinhört, kann da tatsächlich vieles entdecken, was das Leben so ausmacht. Enttäuschungen, Zurückweisungen, Unglücksfälle. Aber eben auch Hoffnung, Zuversicht, Vertrauen. Und niemals Resignation. Die Straßenparty von "Hey man (Now you're really living)", die Schwerelosigkeit von "Losing streak" - regelrechte Lebensfreude in Drei-Minuten-Rationen. Und daß "Blinking lights and other revelations" außerdem längst nicht so pompös und prunkvoll klingt, wie man das von Doppelalben immer erwartet, kommt der Sache sowieso entgegen. Dieses Album ist alles. Nur keine einseitige Schicksalsabrechnung.

Zunächst fällt der skizzenhafte Charakter vieler Songs auf. E hat offenbar wenig Lust gehabt, "richtige" Hits, geschweige denn Refrains zu schreiben. Lieber klimpert er sich immer wieder durch kleine Interludes, singt sparsam instrumentierte Miniaturen und formuliert nur wenige Songideen bis ins letzte Detail aus. "Going fetal" zum Beispiel wird zum windschiefen Gekratze und Gezerre, durch das sich auch noch Gastredner und Eels-Fan Tom Waits hindurchknurrt. Das konzentrierte "Trouble with dreams" übt Geisterbeschwörung mit gespenstischen Doors-Orgeln. Dem dramatischen "The other shoe" weht eine ungewöhnlich steife Brise ins Gesicht. Und für "To lick your boots" kam R.E.M.-Gitarrist Peter Buck mit einem Koffer voll Saiteninstrumente vorbei.

Der Fokus liegt bis zum Schluß trotzdem auf den Kleinigkeiten. Bei gut beobachteten Randerscheinungen wie dem süß-sauren "Railroad man". Einfach gehaltenen Klavierballaden, die "Suicide life" oder "Ugly love" heißen. Und immer wieder auch bei Streichern und Bläsern, mit denen E so sensibel und gefühlvoll umgeht, daß sie ihm niemals einen Song kaputt machen könnten. Die gedämpfte Beerdigungskapelle in "Son of a bitch" ist ein Sieg des Subtilen. Und "If you see Natalie" hätte auch Burt Bacharach nicht empfindsamer arrangieren können. Weil E tatsächlich alles in diese Platte reingesteckt hat, was er geben konnte. Die vielen Jahre, all die Geschichten, sein ganzes Leben. Ein definitives Statement. Und vielleicht auch sein schönstes.
  

and it's not all right...not even close to all right
Zum Seitenanfang
 
IP gespeichert
 
Lone_Wolf
Eelsfan God
*****
Offline


Life is funny, but not
ha ha funny

Beiträge: 895
Mitglied seit: 25.07.2004
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #31 - 25.04.2005 um 16:46:20
Beitrag drucken Beitrag drucken  
  

if you understand the music, you understand the language.
Zum Seitenanfang
 
IP gespeichert
 
ursa_minor
Eelsfan God
*****
Offline



Beiträge: 774
Mitglied seit: 11.07.2003
Geschlecht: weiblich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #32 - 25.04.2005 um 21:06:07
Beitrag drucken Beitrag drucken  
Hach, ist es nicht schön? Überall, wo man hinguckt, Blinking Lights. Man hat schon fast das Gefühl, die Eels werden langsam Mainstream!
  
Zum Seitenanfang
IP gespeichert
 
Lone_Wolf
Eelsfan God
*****
Offline


Life is funny, but not
ha ha funny

Beiträge: 895
Mitglied seit: 25.07.2004
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #33 - 25.04.2005 um 23:31:41
Beitrag drucken Beitrag drucken  
ursa_minor schrieb on 25.04.2005 um 21:06:07:
Hach, ist es nicht schön? Überall, wo man hinguckt, Blinking Lights. Man hat schon fast das Gefühl, die Eels werden langsam Mainstream!



Das ist noch nicht wirklich mainstream...Das ist nur der gerechte Lohn für eine tolle Arbeit.  Zwinkernd
  

if you understand the music, you understand the language.
Zum Seitenanfang
 
IP gespeichert
 
PJ
Eelsfan Administrator
*****
Offline


PJ fans are better than
french fries

Beiträge: 6449
Standort: München
Mitglied seit: 03.12.2001
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #34 - 25.04.2005 um 23:49:46
Beitrag drucken Beitrag drucken  
ich warte ja noch auf die bewertung von pitchfork.com....was meint ihr, wird es der übliche eels-verriß? so sehr ich die seite schätze, aber es ist einfach lächerlich, wie sie die eels immer niedermachen. die 2.8 für shootenanny war einfach....krank!
  

and it's not all right...not even close to all right
Zum Seitenanfang
 
IP gespeichert
 
PJ
Eelsfan Administrator
*****
Offline


PJ fans are better than
french fries

Beiträge: 6449
Standort: München
Mitglied seit: 03.12.2001
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #35 - 26.04.2005 um 21:10:31
Beitrag drucken Beitrag drucken  
stylusmagazine.com: A- (album of the week)

sehr lange review, leider zu lange um es hier rein zu kopieren Zwinkernd
  

and it's not all right...not even close to all right
Zum Seitenanfang
 
IP gespeichert
 
PJ
Eelsfan Administrator
*****
Offline


PJ fans are better than
french fries

Beiträge: 6449
Standort: München
Mitglied seit: 03.12.2001
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #36 - 26.04.2005 um 21:22:04
Beitrag drucken Beitrag drucken  
alternativenation.de: 8/10

Selective Memory

"Aber in einem Universum, das plötzlich der Illusionen und des Lichts beraubt ist, fühlt der Mensch sich fremd. Aus diesem Exil gibt es keine Rückkehr, da es der Erinnerung an eine verlorene Heimat oder der Hoffnung auf ein gelobtes Land beraubt ist. Diese Entzweiung zwischen dem Menschen und seinem Leben, zwischen dem Handelnden und seinem Rahmen, genau das ist das Gefühl der Absurdität." (Camus)

Absurd ja, aber es gibt Erinnerungen und die halten Hoffnung bereit ebenso wie Trauer, Verständnis, Enttäuschung. E öffnet die Tore und lässt die Hörer einziehen in sein Atelier: Titel, die klingen wie Gemälde, wie in violett und zartgelb getünchte Landschaften, Nahaufnahmen von noch unscharfen Personen, deren Briefe neben alten Fotos liegen. Kaffeekränze zeugen von langen Abenden mit Gesprächen über das Leben. Über verloren Gegangenes und neu Gewonnenes, Liebe, Leben und den Sinn von alldem. Was Camus mit der Absurdität des Lebens meint, schimmert im neuem Eels-Album Blinking Lights And Other Revelations. Das Absurde des Auf und Ab, des Verlusts, des Neuen und wieder Verlorenem und Vergrabenem.

Im Foyer werden die Lichter gedimmt, winzige Blitze durchzucken den Raum und bilden am Gewölbehimmel ein Universum der versteckten Erinnerungen. Es zieht einen magisch in den Strudel voller Farben und schon ist man im ersten Kapitel: Hier sind sie, die gelben, violetten Töne voller Hoffnung "The little bundle had arrived / and I was happy to be alive", doch schon bald trüben sich die Farben, ein leichter Nebelschleier scheint sich über alles gelegt zu haben "Mother couldn´t love me / but that didn´t stop me / from liking her". Desillusioniert gibt man sich hin: "This is the life that I must lead now". Sphärischer Chorgesang mit Pianobegleitung erzeugen die Stimmung für diese Bilder, worauf folgt: "I`m so tired of living / the suicide life / that ain´t no reason to live"; Flöten und Piano. Wirklich heiter wird es nie. Eine leicht morbide Atmosphäre entfaltet, Streicher und Gitarre vereinen sich. Ausweglos erscheint es dennoch nicht: Songs wie Old Shit/New Shit oder Hey Man (Now You´re Really Living) fangen die heiteren Momente wieder ein und sorgen für Balance.

Langsam wird klar: es geht hier um Erlebtes, Geträumtes, Phantastisches. Blinking Lights weist den Weg durch das Labyrinth von Es Leben, dem man sich in mehr als dreißig Songs nähert. Schon seit sieben Jahren trug E nun dieses Projekt mit sich und es ist ihm gelungen, was mit Shootenanny! nicht verglichen werden kann. Dramatisch bittersüß bezeugen tiefe Arrangements ein Leben voller Dissonanzen und Versöhnungen mit dem Leben: "So in the end I´d like to say / that I`m a very thankful man".
  

and it's not all right...not even close to all right
Zum Seitenanfang
 
IP gespeichert
 
PJ
Eelsfan Administrator
*****
Offline


PJ fans are better than
french fries

Beiträge: 6449
Standort: München
Mitglied seit: 03.12.2001
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #37 - 26.04.2005 um 21:37:11
Beitrag drucken Beitrag drucken  
playlouder.com: 4,5/5


It's curious to note that at a time when everyone in the UK, and The Killers, is trying to recall the early days of Britpop, our Stateside counterparts are continually harking back to the curse that did so much damage to the vast majority of the Cool Britannia coterie, from Oasis to Goldie; namely, gigantism. Yet they seem to be making a far better fist of it: both LCD Soundsystem and The Mars Volta have just released astonishing albums that require a considerable investment on the part of the listener, while Bright Eyes has recently given us a simultaneous double album, and now we're faced with the prospect of a 33-track affair as the sixth LP from Eels. Bring forth the comfy cushion. And a box of hankies.

Rather like a more oblique and less continuity-conscious counterpart to 'A Grand Don't Come For Free', 'Blinking Lights And Other Revelations' is, oh yes, a concept album. It follows our protagonist's life from beginning to very end and, while that inevitably involves skimping on a few details along the way, it makes for a mighty compelling narrative. It's harrowing stuff on CD1 too, as the exuberant optimism of birth ('From Which I Came / A Magic World') soon gives way in the wake of dysfunction and loss to the gradual erosion of positivity, and even thoughts of suicide. Frankly, anyone who's ever had strained family ties or a difficult relationship with hope itself will find the whole thing remarkably raw, and will be hoping for the salvation on CD2 that the later tracks of the first half, especially 'Checkout Blues', seem to promise.

SPOILER ALERT! They won't be disappointed. There's a defiance that grows as proceedings, er, proceed, and our hero's ability to cope and even get some semblance of enjoyment from his years increases throughout, and he's even able to dispense wisdom to those he cares about (see 'To Lick Your Boots' and the astonishingly insightful 'I'm Going To Stop Pretending That I Didn't Break Your Heart'). And, if it seems a little trite when, some ten tracks into the recovery period, it's clarified that that's down to the love of a good woman ('Sweet Li'l Thing'), then that can be overlooked thanks to 'Ugly Love''s confirmation that there's no-one whose flaws are ever impenetrable to abolutely everyone.

Musically, too, there's a very real progression to the album. Initially very heavy on the waltzes, bizarrely enough, CD1 treads a very spartan line that often finds parallels in some of the most accomplished acoustic-driven musicians of recent memory; it wouldn't surprise us at all to learn that Kristin Hersh had a hand in 'The Other Shoe' (she didn't, mind you), and 'Railroad Man' is very nearly Billy Bragg's 'Waiting For The Great Leap Forward'. Oddly, too, it's many of the more genuinely depressing tracks that prove the jauntiest. 'Last Time We Spoke' is a lively piano blast, while 'Mother Mary' matches the padded prowls prevalent on 'Beautiful Freak' to the twinkling pop suss of 'Daisies Of The Galaxy'. Incongruously 'Going Fetal' would fit perfectly on the entertainment shows parodied in the 'Chain Reaction' / 'In Bloom' / 'Hey Ya!' (delete according to age, readers) video. CD2, on the other hand, is a more consistently and appropriately upbeat affair, with much broader instrumentation, from the chortling theremin of cornerstone 'Old Shit / New Shit' to the fabulous rolling kettle drums in the virtually Jim Steinman-blessed 'Losing Streak', as well as closing with 'Things The Granchildren Should Know', a freeform curio akin, to these ears at least, to Madonna's 'Mer Girl'. Why, even the wordless tracks are put to good use - the positioning of 'Marie Floating Over The Backyard' renders its beatific chorality as an early last hurrah, while 'God's Silence''s stringy gentility is more the work of a man at peace. It's this skilled positioning that allows for several reprises too; 'Theme From Blinking Lights' is used to presage both the man's actual birth on disc one and his metaphorical rebirth on disc two, and 'Blinking Lights (For Me)', used as an early catalyst of doom, becomes totemic of upswing when it returns, instrumentally, as 'Blinking Lights (For You)'. Moreover, this theme of reflection is even more adroitly utilised when 'Suicide Life' is alluded to all over 'The Stars Shine In The Sky Tonight', the final verse of which may well be the most romantic thing we've heard in years.

This has been described elsewhere as Eels' masterpiece, which, given the high watermark of 'Electro-Shock Blues', seemed too much to hope for, yet we're not inclined to argue on that score. E's finest points have always been his storytelling skills and his uncommon candour, and this, although evidently at least semi-fictional, is a nigh-on unimprovable demonstration of both, and one that would more than merit the subtitle 'Mr E's Beautiful Blues'. Dicing with folly at every stage and coming out victorious, 'Blinking Lights...' is sprawling, galling and downright enthralling.
  

and it's not all right...not even close to all right
Zum Seitenanfang
 
IP gespeichert
 
Berni
Eelsfan God
*****
Offline


I thought some daisies
might cheer you up...

Beiträge: 2979
Standort: Wien
Mitglied seit: 02.06.2003
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #38 - 27.04.2005 um 16:26:26
Beitrag drucken Beitrag drucken  
laut.de:

Eels
Blinking Lights And Other Revelations



Es existieren zwei Arten von Weihnachtsmenschen", sagt Mark Oliver Everett, bekannt als E und die Personifizierung der Eels. "Diejenigen, die flackerfreie Weihnachtsbeleuchtung bevorzugen und die, die die blinkende lieber mögen". E gehört zu den Blinkern, schließlich war Stillstand in jeglicher Hinsicht nie sein Bier. Stattdessen hält der kauzige Kalifornier mit "Blinking Lights And Other Revelations" ein über 90-minütiges leidenschaftliches Plädoyer. Für die kurz aufblitzenden Glücksmomente, die der Tortur namens Leben einen Wert geben. Für den Wechsel zwischen am Boden zerstört und himmelhoch jauchzend. Für das Dasein an sich.

Everetts durch und durch persönliche Inventur beginnt wirklich ganz am Anfang: "From Which I Came" vertont die Unschuld des Neugeborenen, zurückhaltende Hammondklänge und ein dunkles Cello begleiten Baby-E in die Welt. Die Kindheitserfahrungen geraten zur bluesigen Trauerparade, weil Mama und Papa die Liebe vorenthalten. Später sammelt E romantische Erfahrungen im Kirchenhof. Aber als die Beziehung in "Last Time We Spoke" mit einem schnöden Telefonat zerbricht, bleiben nur wolfartiges Gejaule und ein träge verschlepptes Piano zurück. Obendrein suchen ihn verstorbene Verwandte heim ("Trouble With Dreams", "Marie Floating Over The Backyard"). Doch jede Menge Glockenspiel und großzügig eingesetzte Autoharp setzen dem auf Platte gebannten Spuk Harmonie entgegen.

Auch im Blick nach oben findet E Zuflucht. Dort warten neben Sonnenuntergang und Sternenhimmel blinkende Flugzeuge auf den Ich-Erzähler, die er zum göttlichen Morsecode umwandelt ("Blinking Lights For Me"). Kein Wunder, dass er sich im Laufe der Jahre zum Eigenbrödler entwickelt. Im pompösen "The Other Shoe" trommelt der Misanthrop dem scheubeklappten Grotßstadtvieh seine Verachtung entgegen. Sollen sie doch vor ihren Fernsehern kalt werden, E schmiedet sein Schicksal selbst. Und preist in "Going Fetal" gemeinsam mit Tom Waits, der knurrt wie eine besessene Katze, fröhlich hüpfend die Embryonalstellung. Mitmachen erwünscht, das hilft, das befreit und gibt Kraft für Tage voller Sehnsucht nach dem Vater ("Understanding Salesmen"). Eine schlicht herzzerreißende Streicherballade.

Trauer und Verzweiflung überwältigen E an mancher Stelle. Doch immer, wenn ihn der "Checkout Blues" packt und er am Abgrund steht, blinkt es wieder irgendwo. Mal countryesk, wenn der Multiinstrumentalist sich unter Einsatz der Steelgitarre mit ausrangierten Zugführern identifiziert. Mal im Stil einer Ska-Band im euphorisch nach vorne stolpernden "Hey Man". Genauso ausufernd gerät das liebestolle und lebenstrunkende "Sweet Li'l Thing": Schwelgerische Geigen nebst Vögelgezwitscher lassen den Frühling unendlich scheinen.

Doch nicht nur sich selbst therapiert E, auch für andere bleiben Kraftreserven. Surfrockend baut er in "To Lick Your Boots" die geschundene Seele eines Freundes wieder auf. Fast übertrieben altersweise klingt es, wenn der vormals depressive Eels-Kopf versucht, eine Freundin vom Selbstmord abzuhalten ("If You See Natalie"). Dramatisch und toll arrangiert ist das dennoch.

Wundervoll ehrlich, ja zutiefst berührend dagegen die verspätete Entschuldigung an die alte Liebe auf der optimistischeren zweiten Scheibe ("I'm Going To Stop Pretending That I Didn't Break Your Heart"). Akustische Gitarre und sensible Stimme treffen Töne, die andere immer verfehlen werden. Und wer beim Elton John-Soundalike "Losing Streak" nicht breit grinst, als E mehrmals heftig kopfnickend versichert, seine Pechsträhne sei endlich gerissen ("Did you hear me?"), muss sich schon im Zustand der Verwesung befinden.

Am Schluss der immer wieder durch kurze Instrumentals (Cello, Harfe, Flöte) aufgelockerten Retrospektive zieht E die Bilanz seines Lebens. In einer Art Abschiedbrief an die Urenkel gibt er ihnen ein lakonisches "It's not all good and it's not all bad" mit auf den Lebensweg. Reines Understatement, schließlich erklärt er mit dieser Platte mal eben den Fluch für besiegt, der all die Jahre auf ihm lastete. Ein baldiger Abschied von der Bühne steht trotz des Finalcharakters von "Blinking Lights" ebenfalls nicht zu befürchten. Dafür ist E viel zu sehr Getriebener. Und seine Musik zu einzigartig.

  
Zum Seitenanfang
IP gespeichert
 
PJ
Eelsfan Administrator
*****
Offline


PJ fans are better than
french fries

Beiträge: 6449
Standort: München
Mitglied seit: 03.12.2001
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #39 - 28.04.2005 um 14:50:14
Beitrag drucken Beitrag drucken  
gerade eben die review bei pitchfork.com gelesen. nein, werde den link nicht posten, es lohnt nicht. zwar haben sie gnädigerweise etwas mehr als letztes mal gegeben (6,5), aber der text spottet jeder beschreibung. das ist einfach nur billiges niedermachen und ins lächerliche ziehen. arschlöcher (mit verlaub)!  angry-smiley-055.gif angry-smiley-055.gif
  

and it's not all right...not even close to all right
Zum Seitenanfang
 
IP gespeichert
 
Lone_Wolf
Eelsfan God
*****
Offline


Life is funny, but not
ha ha funny

Beiträge: 895
Mitglied seit: 25.07.2004
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #40 - 28.04.2005 um 14:58:34
Beitrag drucken Beitrag drucken  
PJ schrieb on 28.04.2005 um 14:50:14:
gerade eben die review bei pitchfork.com gelesen. nein, werde den link nicht posten, es lohnt nicht. zwar haben sie gnädigerweise etwas mehr als letztes mal gegeben (6,5), aber der text spottet jeder beschreibung. das ist einfach nur billiges niedermachen und ins lächerliche ziehen. arschlöcher (mit verlaub)!  angry-smiley-055.gif angry-smiley-055.gif



Wussten wir doch, dass Pitchfork Eels nicht mögen. Lassen wahrscheinlich immer den gleichen Autor die Rezension schreiben. Ärgerlich Schade, aber Wayne interessierts...
  

if you understand the music, you understand the language.
Zum Seitenanfang
 
IP gespeichert
 
LOESS
Eelsfan Newbie
*
Offline



Beiträge: 44
Mitglied seit: 30.01.2005
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #41 - 28.04.2005 um 20:11:48
Beitrag drucken Beitrag drucken  
Also mich würd das schon interessieren, wär nett, wenn du den Link trotzdem posten könntest. Wenn ich nur pitchfork.com eingebe komm ich nämlich auf ne Seite über Landwirtschaft.
  

No sun was up, today we didn't mind&&Too busy making the rain shine
Zum Seitenanfang
IP gespeichert
 
Berni
Eelsfan God
*****
Offline


I thought some daisies
might cheer you up...

Beiträge: 2979
Standort: Wien
Mitglied seit: 02.06.2003
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #42 - 28.04.2005 um 20:21:47
Beitrag drucken Beitrag drucken  
motzi.gifFUCK PITCHFORK  toilet.gif


Evolver.at:

Eels - Blinking Lights And Other Revelations | Musik
Der Mann, den sie E nennen
Empathie ist die Fähigkeit, Sorgen und Bedürfnisse anderer selbst zu spüren. Mr. E bietet darin auf seinem sechsten Werk eine Lehrstunde. Und läßt fühlen, spüren, wahrnehmen.


Ein Meisterwerk muß Ecken und Kanten aufweisen. Eventuell auch einige Schrammen, Blessuren, Risse. Und soviel Potential an Widersprüchlichkeiten besitzen, daß tausend verschiedene Möglichkeiten vorhanden sein müssen, um zu erklären, wieso gerade diese Art von Kunst als "Masterpiece" bezeichnet werden kann. Und wahrscheinlich doppelt so viele Deutungsmöglichkeiten zulassen, dieses abstrakte Ding im Gegenzug als Müll, Dreck und schmutzigsten Schmutz zu qualifizieren.
Mark Oliver Everett erfüllt mit seinem neuen Eels-Album diese Voraussetzungen, die es erlauben, dieses charakterstarke Wort "Meisterwerk" zu gebrauchen. Mit dem epischen und biographisch beeinflußten Doppel-Album "Blinking Lights and Other Revelations" legt der Mann, den sie E nennen, einen bemerkenswerten Seelenstrip seines höchstpersönlichen Ichs hin. Freilich strotzt diese vermeintliche Offenbarung nur so vor Widersprüchlichkeiten und doppeldeutigen Chiffres, deren Codierung fast unmöglich zu entschlüsseln ist. Zu einfach aber sind die Texte gestrickt, als daß sie nach Deutungen schreien: Wenn E in "Suicide Life" über die sanften Töne des Pianos hinweg mit seiner so typisch verrauchten und angeknacksten Stimme singt: "I'm So Tired Of Living the Suicide Life / That Ain't No Reason to Live", so liegt das barocke Vanitas-Motiv der Vergänglichkeit klar auf der Hand. Auch der vermehrte Einsatz von Streichern und akustischen Gitarren auf diesem Album lassen auf diese Weisheit schließen. Keine halbe Stunde später startet E aber mit dem fröhlichen und rockigen "Hey Man (Now You're Really Living)" eine Ode an die Lebensfreude, daß es wie in alten Eels-Zeiten nur so kracht. "I Can't Live In a World That You Have Left Behind", heißt es da auf einem anderen Track wieder eindeutig. In "Ugly Love" singt er von einem weiteren plausiblen Grund, das Diesseits zu verlassen, während er auf "I'm Going To Stop Pretending That I Didn't Break Your Heart" als Herzensbrecher die komplette Gegenposition einer unglücklichen Liebe darlegt.

Auch in diesen Diskrepanzen liegt die Macht des Sonderlings begründet: Nach dem fulminanten Eels-Debüt "Beautiful Freak" und dem darauf folgenden kommerziellen Erfolg wurde dem Amerikaner schnell das Stigma des "Ungemütlichen" angehaftet, selbst Präsident Bush setzte die Musik der Eels im Rahmen des Präsidentschaftswahlkampfs 2000 auf die "Schwarze Liste". Auf diese Liste dürfte dann auch sein eigenes Schicksal gesetzt worden sein. Seinen Vater, den berühmten Wissenschafter und Erfinder der Parallelwelten-Theorie Hugh Everett III, fand er mit 19 Jahren tot auf. Nach dem Selbstmord seiner Schwester und dem Krebstod der Mutter zwei Jahre später stand er vor den Ruinen seiner eigenen Existenz. Auf den insgesamt 33 Songs von "Blinking Lights and Other Revelations" verarbeitet er seine Gefühle und Erlebnisse nicht nur immens stark, sondern auch auf sehr eigenartige Weise – nämlich gegen die herrschenden Regeln des Musik-Biz: Selten blitzen die rockigen Strickmuster seiner Hits "Novocaine For The Soul" oder "Souljacker Part I" durch, viel öfter greift E auf sparsame Instrumentierungen mit akustischer Gitarre, Piano und Streicher zurück. Aber es wären nicht die Eels, wenn nach sphärischen Balladen nicht plötzlich kraftvolle Songs mit Hammond-Orgel, Trompete, elektrischer Gitarre, Keyboard, Saxophon und energischem Bass total überfrachtet daherkommen und Gaststars wie Peter Buck von R.E.M. oder Tom Waits in die Saiten hämmern und singen würden.
Trotz all der Widersprüchlichkeiten hinsichtlich der Texte und der musikalischen Untermalung kann das gesamte Album als ein großes Ganzes aufgenommen werden. Ein Meisterwerk, das von der Fähigkeit seines Protagonisten lebt, dieses gesamte Paket an Schwermut und letztendlich doch Lebensbejahung beim Hörer abzuladen. Und den Hörer fast zwingt, empathische Fähigkeiten zu entwickeln.


  
Zum Seitenanfang
IP gespeichert
 
PJ
Eelsfan Administrator
*****
Offline


PJ fans are better than
french fries

Beiträge: 6449
Standort: München
Mitglied seit: 03.12.2001
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #43 - 28.04.2005 um 20:59:23
Beitrag drucken Beitrag drucken  
LOESS schrieb on 28.04.2005 um 20:11:48:
Also mich würd das schon interessieren, wär nett, wenn du den Link trotzdem posten könntest. Wenn ich nur pitchfork.com eingebe komm ich nämlich auf ne Seite über Landwirtschaft.


ups, sorry. der korrekte name der seite ist ja auch pitchforkmedia.com...

ok, zum lesen und ärgern. sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt!  Zwinkernd

wer den müll lesen will, klicke hier
  

and it's not all right...not even close to all right
Zum Seitenanfang
 
IP gespeichert
 
PJ
Eelsfan Administrator
*****
Offline


PJ fans are better than
french fries

Beiträge: 6449
Standort: München
Mitglied seit: 03.12.2001
Geschlecht: männlich
Re: rezensionen/reviews
Antwort #44 - 28.04.2005 um 21:02:13
Beitrag drucken Beitrag drucken  
@ screamy

einige songs in der evolver-kritik sind imo irgendwie fehlgedeutet, oder? ansonsten ganz schön..
  

and it's not all right...not even close to all right
Zum Seitenanfang
 
IP gespeichert
 
Seitenindex umschalten Seiten: 1 2 [3] 4 5 
Thema versenden Thema versenden Drucken Drucken
 
  « Übersicht ‹ Forum Nach oben